Verstehe nicht ganz, was mit mir los ist

  • Ich lese hier manchmal gute Dinge und Ideen, die mir selber nicht gekommen wären. Deshalb erzähle ich euch jetzt mal was und dann könnt ihr mir erklären, was mit mir los ist. Ich verstehe es nämlich irgendwie nicht^^ (Ich wollte es eigentlich kurz halten, aber wow, ist das lang geworden)


    Ich bin seit etwa 10 Jahren mit meinem ersten Freund zusammen. Wir haben unglaublich viel Zeit miteinander verbracht, praktisch unser ganzes Erwachsenenleben. Wir haben viele gleiche Interessen, lachen über die gleichen dämlichen Sachen und teilen viele wichtige Eigenschaften und fundamentale Ansichten über die Welt. Dementsprechend waren wir in der ganzen Zeit die besten Freunde und verstehen uns wirklich gut. Wir haben durch die ähnlichen Ansichten auch ein sehr starkes Vertrauensverhältnis.

    Allerdings passen wir in anderen Dingen wiederum nicht so gut zusammen. Und so gab es in unserer Beziehung auch immer wieder Konflikte. Wir haben eben doch unterschiedliche Persönlichkeiten und Prioritäten und zudem natürlich, wie jeder Mensch, jeweils unsere eigenen Päckchen zu tragen und noch viel zu lernen. Die Art, wie wir streiten, ist nicht aggressiv oder gar gewalttätig. Wir beleidigen uns nicht und schmeißen auch keine Türen (mehr^^). Aber wir diskutieren sehr sehr sehr lange und kommen doch zu keinem Konsens. Wir sind beide sehr verletzt und keiner kann dem anderen entgegen kommen.

    Am Anfang hatten wir eine Fernbeziehung über mehrere 100km. Dann bin ich zu ihm gezogen und wir haben einige Jahre zusammengelebt. Die Konflikte fingen aus verschiedenen Gründen an, sich zu häufen. Und vor etwa 3 Jahren, nach einem größeren Streit, sagte er, dass er nicht mehr zusammenleben möchte. Zu diesem Thema kamen dann auch immer öfter Gespräche darüber, wie wir unsere Beziehung eigentlich definieren und was es für uns bedeutet, in einer "festen Beziehung", "Partnerschaft", oder "single" zu sein. Dieses Thema haben wir auch nie abschließend geklärt und irgendwie ist unser offizieller Beziehungsstatus eigentlich gar nicht klar :D Aber das ist eigentlich auch egal, es geht ja eher darum, was tatsächlich passiert bei uns. Wichtiger ist das Thema des Zusammenlebens.

    In gewisser Weise hat es mich befreit damals, zu hören, dass er nicht mehr zusammenleben möchte. Ich war in einer beruflich ziemlich miesen Situation und wir lebten in einem kleinen Ort. Ich hatte die Idee, irgendwas anderes zu machen, aber konnte mich nicht dazu überwinden, weil ich gerne bei ihm bleiben wollte und auch weiterhin viel Zeit mit ihm verbringen wollte. Er war damals selbständig und ich habe ihm sehr viel geholfen. Aber dadurch, dass wir eh auseinander ziehen mussten, habe ich plötzlich viel mehr Möglichkeiten gesehen. Ich habe mich dann relativ schnell entschieden, was ich machen wollte, eine Ausbildung in einer coolen Firma. Leider war diese Firma 400km weit weg. Also bin ich innerhalb von ca. 3 Monaten aus unserer Wohnung ausgezogen, von einem kleinen Ort in eine Großstadt.

    Wow, das wird irgendwie zu meiner halben Lebensgeschichte hier :D Eigentlich wollte ich darauf hinaus, dass er irgendwie durch diesen Umzug doch ein bisschen überrascht wurde. Er hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht und dass ich so weit wegziehen würde. Und ich gebe ehrlich zu, dass ich auch ein wenig schadenfroh war. Ich wollte, dass er sieht, was die Konsequenzen sind. Ich war natürlich auch verletzt und fühlte mich ein bisschen ausgestossen aus unserem gemeinsamen Zuhause. Allerdings haben wir dann doch beide sehr gelitten am Anfang. Ich hatte wenigstens die Aufregung der neuen Stadt und der neuen Ausbildung, und hatte viel Kontakt zu neuen Leuten. Abends alleine im Bett habe ich mich aber sehr einsam und seltsam gefühlt und habe ihn sehr vermisst. Für ihn war aber mein Auszug am Anfang noch schlimmer. Er wurde zum ersten Mal damit konfrontiert, wie wenig Leute er eigentlich kennt und wie schwer es ihm fällt, neue Freunde zu finden. Er war den ganzen Tag alleine, versuchte seine Firma zum Laufen zu bringen und hat oft bereut, dass ich nicht mehr da war. Aber wir haben uns beide daran gewöhnt. Er mehr als ich. Ich fand es immer noch blöd, alleine zu wohnen und wollte sehr gerne wieder mit ihm zusammenleben. Im ersten Jahr waren wir zurück in der Fernbeziehung und haben uns einfach alle paar Wochen für ein Wochenende besucht. Nach einem Jahr ist er dann in dieselbe Stadt gezogen - allerdings haben wir uns keine gemeinsame Wohnung genommen. Das war wieder eher schwer für mich. Er hat sich eine tolle Wohnung genommen, in der ich auch gut Platz gehabt hätte. Ich war traurig, ich hatte irgendwie die ganze Zeit gehofft, dass wenn er in meine Stadt zieht, wir wieder zusammenziehen würden. Irgendwie habe ich auch gedacht, dass er durch die anfängliche Einsamkeit "zur Besinnung kommt". Aber das ist nicht passiert und wir haben dann weitere fast 2 Jahre so gelebt. So, und jetzt sind wir in der Gegenwart angekommen. Mittlerweile habe ich auch mich sehr daran gewöhnt, alleine zu leben. Es ist okay für mich, ihn nicht jeden Tag zu sehen, manchmal nicht einmal jede Woche, obwohl wir weiterhin jeden Tag reden.


    Aber in letzter Zeit hat sich unsere Beziehung ziemlich gewandelt. Und das liegt hauptsächlich daran, dass er sich sehr verändert hat. Viele der alten Probleme sieht er jetzt anders, oder arbeitet zumindest daran. Früher war er der Überzeugung, dass ich zu 90% alleine für unsere Streits verantwortlich bin, mittlerweile hat sich seine Ansicht fast zu sehr in die andere Richtung entwickelt und er gibt sich jetzt viel selber die Schuld an allem. Was natürlich Quatsch ist. Wahr ist aber, dass ich kontinuierlich an meinen Schwächen gearbeitet habe im Lauf unserer Beziehung, während seine eher neu dazu gekommen sind, aus verschiedenen Gründen. Aber jetzt hat er sich wie gesagt ziemlich verändert und weiterentwickelt. So schnell, dass ich irgendwie Angst habe, es so wirklich zu glauben. Es ist fast so, als hätte es irgendwie "klick" gemacht in ihm. Und bei unserem letzten Treffen hat er sogar ganz nebenbei erwähnt, dass er sich vorstellen könnte, wieder mit mir zusammen zu ziehen. Dazu muss man sagen, dass er sich seine momentane Wohnung nicht mehr lange leisten kann. Er hatte anfangs einen gutbezahlten Job hier, jetzt ist er aber wieder selbständig und es läuft leider nicht gut. Deshalb habe ich schon seit langem immer mal wieder gesagt, dass wir doch wieder zusammenziehen sollten, sobald ich fertig bin mit der Ausbildung und mehr verdiene. Ich bin gerne bereit, uns beide zu finanzieren, wenn ich es mir leisten kann. Das war mein Angebot an ihn. Ich denke nämlich, das würde einen riesigen Stressfaktor aus seinem Leben nehmen und dann würden sich auch einige unserer Konflikte deutlich verbessern (das ist meine Annahme). Ich möchte, dass er sich mit seiner Selbständigkeit Zeit lassen kann und nicht durch Geldprobleme in irgendeine Richtung gedrängt wird. Er ist sehr idealistisch und leidet deshalb auch sehr unter dieser Situation. So, und nun hat er also beim letzten Treffen gesagt, dass er das vielleicht gerne so machen würde. Anfangs war ich super begeistert und als ich nach dem Treffen wieder zuhause war, habe ich auch direkt nach Wohnungen gesucht, die für uns beide passen würden :) Ich habe auch gemerkt, dass er sich Gedanken gemacht hat und das keine Schnellschuss-Entscheidung war. Er hat zum Beispiel ein größeres Konfliktthema von damals erwähnt und gesagt, dass das jetzt okay für ihn wäre. Wir sind auch übereingekommen, dass es vermutlich sinnvoll ist, einen "Testlauf" zu machen, bevor wir wieder zusammenziehen. Eine Woche würde ich zu ihm ziehen, dort dann mein Home Office machen und eben einfach.. normal mit ihm zusammenleben. So normal wie möglich jedenfalls. Wir haben zwar schon öfter mal eine Woche oder so am Stück zusammen verbracht, aber eben nur Urlaubsmäßig, der Alltag ist ja nochmal etwas anderes.


    So.. und jetzt das Komische. Irgendwie.. bin ich nicht mehr so glücklich darüber wie am Anfang. Mich stresst der Gedanke. Aber warum?

    I received his words, not as attacks, but as gifts from a fellow human willing to share his soul and deep vulnerabilities with me.

  • Kannst du es dir im Bedarfsfall leisten, ihn mit seiner Wohnung zu unterstützen und deine zu halten?


    Hintergrund ist, dass ich vermute, dass dich diese kurze Frist ängstigt. Eine Woche Probewohnen ist ja nichts.


    Besser wäre, der Übergang wäre organischer, längerfristiger.

  • Hmm. Ich könnte ihn unterstützen, sogar die komplette Miete übernehmen. Aber Essen und weitere Kosten, das nicht.

    Ja, vielleich ist es die kurze Frist. Aber andererseits machen die meisten Leute doch überhaupt kein Probewohnen^^ Vielleicht ist das auch ein Punkt.. das ist ja auch nicht organisch irgendwie. Beim ersten Zusammenziehen brauchten wir das ja auch nicht. Da hatten wir auch nicht direkt all die möglichen Probleme im Kopf.

    I received his words, not as attacks, but as gifts from a fellow human willing to share his soul and deep vulnerabilities with me.

  • Ich glaube, es wäre ihm unangenehm, wenn ich ihm einfach Geld geben würde. Zusammenleben, das ist besser, da bekomme ich ja auch was für meinen Einsatz.

    I received his words, not as attacks, but as gifts from a fellow human willing to share his soul and deep vulnerabilities with me.

  • Ist doch egal, wie es beim ersten Mal war. Du lebst im Jetzt. Ihr habt euch weiterentwickelt und die Vorzüge des Alleinelebens kennengelernt.


    Ich empfehle wirklich, das in kleinen Schritten anzugehen.


    Und es wäre wie ein Zusammenzug mit Rückversicherung. Du zahlst eben noch den Luxus deiner Zweitwohnung.

  • Mich stresst der Gedanke. Aber warum?

    Vielleicht die Befürchtung, dass es eventuell wieder nicht klappt?

    Und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben würden? Erneute Verletzungen, geplatzte Hoffnungen, vielleicht sogar die leise Ahnung, dass ihr das mit dem Zusammenwohnen einfach nicht hinkriegt, selbst wenn ihr euch Mühe gebt?

  • hallo Vela,

    wieso soll es denn nur eine woche probewohnen sein? könntet ihr da nicht einen längeren zeitraum vereinbaren? vorallem wenn du schreibst, es wäre möglich, deine wohnung weiterhin finanziell zu halten, dann ist es doch nicht so "eilig", oder übersehe ich da was?

    und wenn seine wohnung eh toll ist und du da auch genug platz findet, wieso wollt ihr euch dann eine neue suchen? ich denke, daß das gleich wieder ein "ungewohnter" stressfaktor ist, der wieder das "zusammenleben im alltagsmodus" verhindert, denn wohnung suchen, umziehen ist ja nicht umbedingt alltag.

    ich würde mir für die beiden sachen mehr zeit nehmen, damit da der druck rausgenommen wird.

    ob dich das dann stresst, oder ob du dich bei ihm wohlfühlst, wie euer streitverhalten dann ist- sowas braucht längere zeit, um das rauszufinden.

    Ich glaube, es wäre ihm unangenehm, wenn ich ihm einfach Geld geben würde.

    wäre es dir auch unangenehm? könntet ihr evtl. eine regelung finden, die für beide ok ist?

  • Hallo Vela,

    ich bin auch der Meinung, dass eine Woche zu wenig ist, um das Zusammenleben zu testen. Es ist dann mehr wie ein Urlaub in den eigenen vier Wänden, auch wenn ihr beide währenddessen arbeitet. Ich würde die Probezeit zumindest auf einen Monat verlängern.

    Ich kann deine Bedenken sehr gut verstehen, dass du jetzt nicht mehr so glücklich bist mit dem Gedanken wie am Anfang. Die Frage steht ja im Raum, was macht es mit eurer Beziehung, wenn das Zusammenleben nicht funktionieren sollte? Viele Beziehungen hätten vermutlich schon das erste Mal nicht überstanden. War bei dir nie der Gedanke an eine Trennung gewesen, nachdem er gesagt hatte, dass er nicht mehr mit dir zusammen leben möchte? Es interessiert mich, da ich so kein Paar kenne, die zusammen gewohnt haben und dann wieder in getrennte Wohnungen gezogen sind und trotzdem noch ein Paar sind.

    Wie oft seht ihr euch in der Woche? Vielleicht könnte man auch anfangen die Zahl zu erhöhen, damit das Zusammenleben nicht von null auf hundert passiert.

    So wilde Freude nimmt ein wildes Ende,

    Und stirbt im höchsten Sieg, wie Feu'r und Pulver

    Im Kusse sich verzehrt. Die Süßigkeit

    Des Honigs widert durch ihr Übermaß,

    Und im Geschmack erstickt sie unsre Lust.

    Drum liebe mäßig; solche Lieb' ist stät:

    Zu hastig und zu träge kommt gleich spät. -William Shakespeare-

  • Hallo Vela,


    ich schreibe nicht oft zu diesem Themenbereich, aber diesmal kommen bei mir alte Erinnerungen wieder hoch.


    Wir sind damals erst in zweiten Anlauf zusammengekommen und haben beide unsere gegenseitigen Vorlieben, Hobbys und Interessen respektiert. Das waren viele tolle Jahre. Die teilweise unterschiedlichen Betrachtungweisen kamen erst eiinge Jahre nach der Geburt unseres Kindes zum Tragen. Plötzlich wurden die Diskussionen länger und manchmal dauerte es ein paar Tage, bis jemand nachgeben musste; ja: musste!


    Irgendwann stritten wir bis in die frühen Morgenstunden und dann gab's die ersten Tränen. Natürlich machten sich die schlaflosen Nächte auch am Arbeitsplatz bemerkbar. Ich fühlte mich massiv unter Druck gesetzt und es gipfelte darin, dass ich auch im der Mittagspause angerufen wurde, um mit auf auf das, was kommt "vorzubereiten". Ich hatte dann eine Paartherapie vorgeschlagen, was jedoch strikt abgelehnt wurde.


    Dabei spielte sich auch der Krebs eine Rolle und ich denke, dass die Kompromissbereitschaft mit der langsam aufkommenden Erkenntnis, dass die Krankheit nicht heilbar ist, leidet. Was dann kam, war die Hölle und im letzten Stadium haben wir in unserer gemeinsamen Wohnung quasi getrennt gelebt.


    Kurz vorher hatte ich meinen gut bezahlten Arbeitsplatz verloren, aber vor Gericht eine ordentliche Abfindung erstritten... Damit hätten wir 1 Jahr überleben können. Ich habe immer auf ausreichend hohe Versicherungen geachtet, auch weil mein Job nicht ganz ungefährlich war. Damit waren wir beide im Fall des Falles abgesichert.


    Warum schreibe ich das alles magst Du Dich vielleicht fragen. Ganz einfach: Ich würde mich heute nicht mehr auf Kompromisse einlassen. Entweder es passt - oder eben nicht, dann sollte man(n) oder Frau dazu stehen und die Sache rechtzeitig ohne großen Streit beenden.


    Ja, das klingt hart, ist aber meine Meinung.

  • Vela Oh, der Thread ist ja interessant.



    Was denkst du inzwischen eigentlich darüber? Zum Beispiel über das hier:


    Zitat

    Früher war er der Überzeugung, dass ich zu 90% alleine für unsere Streits verantwortlich bin, mittlerweile hat sich seine Ansicht fast zu sehr in die andere Richtung entwickelt und er gibt sich jetzt viel selber die Schuld an allem. Was natürlich Quatsch ist. Wahr ist aber, dass ich kontinuierlich an meinen Schwächen gearbeitet habe im Lauf unserer Beziehung, während seine eher neu dazu gekommen sind, aus verschiedenen Gründen. Aber jetzt hat er sich wie gesagt ziemlich verändert und weiterentwickelt. So schnell, dass ich irgendwie Angst habe, es so wirklich zu glauben. Es ist fast so, als hätte es irgendwie "klick" gemacht in ihm. Und bei unserem letzten Treffen hat er sogar ganz nebenbei erwähnt, dass er sich vorstellen könnte, wieder mit mir zusammen zu ziehen. Dazu muss man sagen, dass er sich seine momentane Wohnung nicht mehr lange leisten kann.

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