von Einsamkeit und sozialen Bedürfnissen

  • Mir hilft es immer, wenn ich Gedanken / Themen ausformulieren muss (zum Beispiel durch Reden) oder sie mal aufgeschrieben sehe (oder wahlweise höre).

    Der Kopf ist nun mal rund und man kann anscheinend nur im Kreis denken.

    Hier mal etwas zum Thema Einsamkeit, warum, wieso und wie.


    Einsam zu sein und alleine zu sein ist nicht das gleiche und obwohl die Menschheit vernetzt ist wie nie zuvor, fühlt sich ein großer Teil der Menschen einsam.


    Doch was ist Einsamkeit? Einsamkeit kann jeden treffen. Geld, Macht, Schönheit, Sozialkompetenz, Ruhm, eine große Familie, ein feiner Charakter, nichts davon kann dich davor schützen dich einsam zu fühlen. Es hängt auch nicht davon ab, wie sozial kompatibel zu bist. Einsamkeit ist komplett subjektiv. Man kann sich inmitten von Menschenmassen trotzdem einsam fühlen.


    Einsamkeit ist ein Zeichen deines Körpers.

    So wie du Hunger verspürst, wenn dein Körper Nahrung braucht, so macht das Gefühl der Einsamkeit dich auf deine sozialen Bedürfnisse aufmerksam.


    Unser soziales Wesen ist Teil unserer Natur.


    Vor Millionen von Jahren war das Überleben nur in der Gruppe möglich. Einem Einzelnen war es quasi unmöglich für ausreichend Essen, Sicherheit oder Wärme, geschweige denn für Nachwuchs ganz alleine zu sorgen. Gemeinschaft bedeutet Überleben, Alleinsein den Tod. Man war darauf angewiesen miteinander auszukommen, in die Gruppe zu passen und nicht ausgestoßen zu werden. Um das zu vermeiden wurden unsere Gehirne empfänglicher für die Gedanken und Gefühle anderer Menschen und unsere Körper entwickelten den sozialen Schmerz.


    Für unsere Vorfahren waren nicht die wilden Tiere die größte Gefahr, sondern ausgestoßen zu werden. Der soziale Schmerz fungiert als eine Art Frühwarnsystem, welches uns von isolierendem Verhalten abhalten soll. Diejenigen unserer Vorfahren, die sich Zurückweisungen besonders zu Herzen nahmen, passten mit größerer Wahrscheinlichkeit ihr Verhalten an um in der Gruppe bleiben zu können. Die anderen wurden ausgeschlossen und starben.


    Deshalb sind Zurückweisungen und Einsamkeit so schmerzhaft.


    In unserer modernen Welt ist das Individuum in den Vordergrund gerückt und es wird die Verantwortlichkeit des Einzelnen gepredigt. Aber der Mensch hat sich seit 50.000 Jahren kaum verändert. Wir sind biologisch immer noch auf Gemeinschaft geprägt.


    Chronische Einsamkeit entsteht meist versehentlich. Man wird erwachsen und hat neben Arbeit, Beziehung, Kinder, Haushalt, usw. keine Zeit mehr für etwas anderes. Und der effektivste Weg sich Zeit zu sparen, ist Freunden abzusagen. Irgendwann fängt man dann an sich isoliert zu fühlen und sich nach engen Beziehungen zu sehnen. Ist die Einsamkeit erstmal chronisch kommt es zu einem Teufelskreis.


    Physischer und sozialer Schmerz wirken auf ähnliche Weise, denn beide weisen uns auf Bedrohungen hin. Deshalb löst sozialer Schmerz auch sofort Verteidigungsverhalten aus. Einsamkeit aktiviert den Selbsterhaltungsmodus. Ein anfängliches Gefühl der Isolation führt zu Anspannung und Traurigkeit und die Wahrnehmung wird fokussiert auf negative Interaktionen anderer.


    Viel empfänglicher für soziale Signale, jedoch auch weniger in der Lage diese richtig zu deuten, werden neutrale Gesichter als feindselig eingestuft, man wird misstrauischer und fängt an ichbezogener zu werden, um sich selbst zu schützen. Man wirkt kälter, unfreundlicher, sozial inkompetenter, als man eigentlich ist. Dadurch wird deine Meinung von dir selber und anderen schlechter. Und dann ändert sich dein Verhalten.


    Du fängst an soziale Interaktionen zu meiden, Anrufe von Freunden werden nicht beantwortet, Einladungen so oft nicht angenommen, bis sie ausbleiben. Was wiederum das Isolationsgefühl fördert. Und es wird mit jedem Mal schwerer diesen Kreislauf zu durchbrechen.


    Jeder hat ein Bild von sich selbst. Und dieses Bild von dir selbst nehmen auch andere wahr und die echte Welt wird schließlich so, wie du dich im Inneren fühlst. Das passiert meist ganz langsam, kann Jahre dauern und endet oft in einer Depression, die dich komplett daran hindert soziale Bindungen aufzubauen, auch wenn du es dir wünscht. Man kann sich anderen gegenüber nicht mehr öffnen, aus Angst verletzt zu werden. Man kann nicht mehr auf andere zugehen, weil man befürchtet zurückgewiesen zu werden. Man meidet den Kontakt mit anderen, sucht Ausreden um Einladungen abzusagen. Man stößt andere weg, um sich selbst zu schützen. Man baut eine Mauer.


    Natürlich ist jeder Mensch und jede Situation anders. Und manchmal reicht Selbstreflektion nicht aus. Dann sollte man versuchen professionelle Hilfe anzunehmen.


    Vielleicht hilft es ja dem einen oder anderen das mal so erklärt zu lesen. Einsamkeit ist ein ganz normales, evolutionsbedingtes Gefühl, welches seinen Sinn und Zweck hat.

    Es ist kein Fehler, es ist kein Zeichen von Schwäche oder Inkompetenz, nichts, wofür man sich schämen müsste und schon gar keine Krankheit.

    Und wie auf Hunger oder Durst sollte man auch auf das Gefühl von Einsamkeit reagieren.

    Wenn du ein Problem hast, versuche es zu lösen.

    Kannst du es nicht lösen, dann mache kein Problem daraus.

  • Ich weiß nicht genau, ob ich mich einsam fühle, aber ich bemerke, dass es mir enorm schwerfällt, irgendeine Basis zu finden, die mich mit anderen Menschen verbindet.


    Ich verstehe andere Menschen oft nicht, im Sinne von: Ich kann vieles nicht instinktiv nachvollziehen, sondern muss es mir herleiten – Handlungen, Entscheidungen, Denkweisen, Prioritäten, Gefühle, innere Systeme, interne Logik.

    Dadurch bin ich oft in der Außenperspektive, fühle mich abgegrenzt, bin nie ganz Teil der Sache.

    Und oftmals gefällt mir das, was ich sehe, auch nicht besonders. Das reicht dann einfach nicht und es existiert keine Basis, auf der ich irgendwas aufbauen kann oder will.

  • Ich weiß nicht genau, ob ich mich einsam fühle, aber ich bemerke, dass es mir enorm schwerfällt, irgendeine Basis zu finden, die mich mit anderen Menschen verbindet.


    Ich verstehe andere Menschen oft nicht, im Sinne von: Ich kann vieles nicht instinktiv nachvollziehen, sondern muss es mir herleiten – Handlungen, Entscheidungen, Denkweisen, Prioritäten, Gefühle, innere Systeme, interne Logik.

    Dadurch bin ich oft in der Außenperspektive, fühle mich abgegrenzt, bin nie ganz Teil der Sache.

    Und oftmals gefällt mir das, was ich sehe, auch nicht besonders. Das reicht dann einfach nicht und es existiert keine Basis, auf der ich irgendwas aufbauen kann oder will.


    Diese Effekte habe ich ja schon an verschiedenen Stellen skizziert, mir geht es da sehr ähnlich.


    Ging es schon immer.


    Die Abgetrenntheitsempfindungen sind dominant, und somit ist Nicht-Einsamkeit sehr selten.

  • Bei mir ist noch ein wenig anders. Das Gefühl von Einsamkeit kenne ich, aber ich brauche nur sehr wenige Menschen um mich herum um dieses Gefühl nicht zu haben.


    Mit Einsamkeit hatte ich zu tun als ich letztes Jahr Single war und zusätzlich das erste Mal in meinem Leben alleine gewohnt habe.


    Ich habe kaum Freunde, habe aber im Laufe der Zeit auch gemerkt, dass Freundschaften sehr anstrengend finde. Gerade wenn es sich um Personen handelt, die regelmäßigen Kontakt und Treffen brauchen. Ich brauche es nicht. Meine beste Freundin kenne ich noch aus dem Kindergarten und wir sehen uns teilweise 2 Jahre am Stück nicht und haben auch wenig Kontakt. Dann nimmt einer von beiden den Kontakt wieder auf und es ist so, als ob es diese Pause gar nicht gegeben hat.


    Was ich in meinem Leben brauche ist mein Partner und vor allem meine Familie.

    So wilde Freude nimmt ein wildes Ende,

    Und stirbt im höchsten Sieg, wie Feu'r und Pulver

    Im Kusse sich verzehrt. Die Süßigkeit

    Des Honigs widert durch ihr Übermaß,

    Und im Geschmack erstickt sie unsre Lust.

    Drum liebe mäßig; solche Lieb' ist stät:

    Zu hastig und zu träge kommt gleich spät. -William Shakespeare-

  • Ich bring das Zitat mal hierher, weil es hier besser passt. Es geht an dieser Stelle weniger um "ich verstehe andere Menschen nicht auf der Gefühlsebene", was ich auch unterzeichnen könnte, sondern es geht um den Effekt schlechter Selbstwahrnehmung und schlechter Selbstdarstellung:


    Weil es klingt, als hätte Outlaw nicht nur keine stabile emotionale Brücke nach Außen sondern auch keine geistige. Was er ja auch immer wieder zum Ausdruck bringt. Er scheint mit sich alleine zu sein da drin. "Mehr" als andere. (...) Es klingt für mich als wären die Verbindungen nach Außen weitestgehend... abgeklemmt. Und als steuere er sie allenfalls willentlich an. Während bei mir die Türen dieser Verbindungen immer geöffnet sind.


    Es ist irgendwie so (und ich weiß nicht mal, ob das bei anderen anders ist, kann ja schlecht reinschauen), dass ich mich schwer damit tue, meine eigenen Gefühle adäquat wahrzunehmen.

    Und ich tue mich gleichzeitig schwer, das, was ich wahrnehme, nach außen zu anderen Menschen zu transportieren.


    Ich bin quasi mir selbst gegenüber unempathisch.

    Und ich bin verstockt in dem, was ich meiner Umwelt von mir zeige.



    Dadurch bin ich quasi recht einsam da drin. Mit mir. Ich kann das schlecht beschreiben, ohne dass das behindert klingt.

  • Ich kenn zwar eigentlich eine ganze Menge Leute...aber wenns um Vertrauen geht...dann bleibt da nur wenig übrig. Mein bester Kumpel sicher...naja Vertrauen ist so eine Sache. Die macht übelst angreifbar und wenn man gelernt hat, dass es gefährlich ist...wärs ja doof wenn man es immer wieder machen würde.


    Einsam bin ich vermutlich in so Gefühlszeug. Weil ich das nicht so habe wie andere. Allerdings spüre ich genau deswegen auc die Einsamkeit nicht wirklich. Oder stell mir die Frage nicht? Oder spüre insgesamt zu wenig?


    Aber ich kann mir schon vorstellen wie heftig sich Einsamkeit anfühlen muss.

  • Eigentlich will ich mich nicht ändern, weil ich mich ja ganz okay finde.

    Das geht mir übrigens genauso.


    Wenn ich etwas ändern könnte, dann würde ich die Art ändern, wie andere Menschen gestrickt sind, nicht meine eigene Charakteraufstellung, denn die finde ich vollkommen in Ordnung. Und ja, ich weiß, dass das wahrscheinlich arrogant und unreflektiert klingt oder sowas, aber was soll's.

  • Ja.


    Der Umstand, dass das andere als unreflektiert wahrnehmen, könnte auch dadurch provoziert werden, dass der Änderungsbedarf bei anderen hoch ist und sie es gewohnt sind, dass das auf sie zutrifft.


    Diese Aussage von dir muss deswegen nicht "unrichtig" sein.

  • Ich kenn zwar eigentlich eine ganze Menge Leute...aber wenns um Vertrauen geht...dann bleibt da nur wenig übrig. Mein bester Kumpel sicher...naja Vertrauen ist so eine Sache. Die macht übelst angreifbar und wenn man gelernt hat, dass es gefährlich ist...wärs ja doof wenn man es immer wieder machen würde.


    Einsam bin ich vermutlich in so Gefühlszeug. Weil ich das nicht so habe wie andere. Allerdings spüre ich genau deswegen auc die Einsamkeit nicht wirklich. Oder stell mir die Frage nicht? Oder spüre insgesamt zu wenig?


    Aber ich kann mir schon vorstellen wie heftig sich Einsamkeit anfühlen muss.

    Angst vor Vertrauen kann auch dadurch kommen, dass man noch weitaus mehr Angst hat, verletzt zu werden bzw. die Kontrolle zu verlieren (mitunter stark verknüpft mit Trauma/Traumen, die das Ganze ausgelöst haben).


    Mitunter gehören so Gegensätze soger zusammen wie Bindungsangst - Verlassensängste

    Angst vor Nähe - Sehnsucht nach Nähe

    du kannst sie nicht alle retten...:evil:

  • Das geht mir übrigens genauso.


    Wenn ich etwas ändern könnte, dann würde ich die Art ändern, wie andere Menschen gestrickt sind, nicht meine eigene Charakteraufstellung, denn die finde ich vollkommen in Ordnung. Und ja, ich weiß, dass das wahrscheinlich arrogant und unreflektiert klingt oder sowas, aber was soll's.


    Das Problem dabei ist, dass man andere Menschen nicht ändern kann, nur sich selbst. Ich finde es nicht arrogant, wenn man zufrieden ist mit seiner eigenen Charakteraufstellung und auch zufrieden ist mit der Interaktion mit anderen, mit dem sozialen Miteinander, mit der "Liebe".


    Wenn man damit nicht zufrieden ist, kann man natürlich immer hoffen auf die Änderung der anderen, oder sich mit der Unzufriedenheit zufrieden geben, auch wenn einem dabei immer etwas fehlt. Man hat immer die Wahl, denke ich.

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