Perspektivwechsel – Gewalt aus der Sicht des Täters

  • Doch, ich verstehe dich glaube ich schon - und genauso, wie du das beschreibst, kann man gut vorgehen, denke ich. Das finde ich hilfreich, wenn man sich z.B. mit Berichten über schwere Straftaten befasst... weil es einem klarmacht, dass ein Täter kein Alien oder so etwas ist, mit dem man selbst überhaupt nichts gemein hat. Sondern dass er nach genau denselben Prinzipien funktioniert wie alle Menschen. Dadurch kann man viel besser herausfinden, welche Bedingungen geschaffen und welche Veränderungen vorgenommen werden müssen, damit sich möglichst wenig Menschen so verhalten wie dieser Täter. Und dadurch wird einem auch klar, dass es keine Lösung sein kann, Täter einfach hart zu bestrafen und sehr lange oder gar für immer wegzusperren, damit man sicher vor ihnen ist.

    Also versuchen zu verstehen, möchtest du das?

    es gibt sehr viel was man versuchen kann zu verstehen

  • Was denn zum Beispiel?

    :-) alles, die bereitschaft alles zu verstehen, es ist nicht schlimm wenn man

    etwas nicht versteht, es zählt der versuch die eigene Meinung zu bilden, das

    eigene verständniss, sich nichts erzählen lassen, dinge von allen seiten

    zu betrachten, wieso warum weshalb.

  • weil es einem klarmacht, dass ein Täter kein Alien oder so etwas ist, mit dem man selbst überhaupt nichts gemein hat. Sondern dass er nach genau denselben Prinzipien funktioniert wie alle Menschen.

    Ich hatte zu diesem Gedanken mal an einer anderen Stelle im Internet das hier geschrieben:


    ‘Böse’ – das hat immer einen Hauch von Unlogik, von Leerstellen in der Argumentationskette, von weißen Flecken auf der psychologischen Landkarte, die dazu führen, dass uns eine Handlung fremdartig und unnachvollziehbar erscheint.


    In der Psychologie gibt es dazu einen Begriff, der sich ‘Othering’ nennt (von englisch: other = andersartig, anders, das Andere).

    Man zieht eine klare Grenze um sich selbst herum oder um einer Gruppe, der man angehört, und stellt diesem Kreis eine andere Gruppe gegenüber. Auf der einen Seite das ‘Wir’, dort drüben das ‘Andere’. Hier das Verständliche, dort das Unverständliche. Hier weiß, dort schwarz. Hier gut, dort böse.

    (...)

    Sind es nicht letztendlich genau solche Gedanken, die dazu führen, dass man sich dazu berechtigt fühlt, Gewalt anzuwenden?


    Sobald wir damit beginnen, uns selbst als gut und andere als böse zu deklarieren, erstellen wir einen Nährboden für Selbstgerechtigkeit und Doppelmoral. Wir verurteilen das, was wir nicht verstehen, und sind gleichzeitig uns selbst gegenüber wohlwollend und nachsichtig.

    Wir bewerten Handlungen vollkommen unterschiedlich, je nachdem, ob sie jemand anderes vollzieht oder ob wir sie selbst vollziehen, weil wir unsere eigenen Motive und unsere Vorgeschichte kennen, die des Gegenübers jedoch nicht.


    Uns selbst würden wir mit hoher Wahrscheinlichkeit niemals als ‘einen bösen Menschen’ bezeichnen, dabei sind wir das in den Augen einiger anderer mit Sicherheit schon. Jeder von uns hat schon einmal jemand anderen verletzt, ihm das Herz gebrochen, Hilfe unterlassen oder psychische Gewalt gegen jemanden ausgeübt, der es unserer Ansicht nach ‘verdient hatte’.

    Ob solche Handlungen jetzt objektiv als böse zu bewerten sind oder nicht, sei mal dahingestellt. Fakt ist jedoch, dass unsere eigene Tendenz zu mangelnder Selbstreflexion, unsere Ich-Bezogenheit und Undifferenziertheit die moralische Skala maskiert, auf der wir Handlungen einordnen.Wir neigen dazu, unsere eigenen Taten, nicht zu hinterfragen. Wir verstehen sie intuitiv, sonst würden wir sie nicht ausführen, und deshalb können sie unserer Meinung nach nicht böse sein. Weil wir nicht böse sind und unsere Gründe haben.


    Um dieser Maskierung der Skala und dem Othering-Effekt entgegenzuwirken, muss man sich meiner Meinung nach so objektiv wie möglich mit dem Bösen beschäftigen. Mann muss genau dort hinblicken, wo man eigentlich nicht hinsehen will, und darf bei dem, was man dort findet, keine scharfe Trennlinie ziehen, um das eigene Selbstbild davon zu distanzieren.

    Es ist leicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen und zu verurteilen, aber es ist extrem schwer, zu differenzieren, gedanklich nachzuvollziehen und diese Erkenntnisse auf sich selbst zu übertragen.


    Das Standard-Experiment, das in diesem Zusammenhang immer wieder genannt wird, ist das von Stanley Milgram.


    Milgram gelang es, Menschen allein durch verbale Autorität (ohne Drohungen und ohne zusätzlichen Druck) dazu zu verleiten, einem anderen Menschen extremen Schaden zuzufügen. Die Erfüllungsquote lag bei hundert Prozent.


    Jeder Mensch besitzt das Potenzial, zum Täter zu werden, und dafür braucht es fast gar nichts. In Milgrams Fall gerade mal vier Dollar und einen Typen, der sagt: "Machen Sie weiter."

    Das ist eine Tatsache, derer man sich in meinen Augen bewusst sein sollte.

  • Ich fühle mich manchmal hin- und hergerissen zwischen zwei moralischen Systemen. Einem, das sich auf unsere gesellschaftlichen Werte bezieht, und einem, das nur mir selbst dient und diesen Werten widerspricht. Mein Zustand pendelt. In einem Moment erscheint mir das eine System vollkommen logisch, in anderen Momenten das andere. Ich finde einfach keine Balance dazwischen. Sie lassen sich nicht vereinen, zumindest nicht in jeder Situation.

  • Ich fühle mich manchmal hin- und hergerissen zwischen zwei moralischen Systemen. Einem, das sich auf unsere gesellschaftlichen Werte bezieht, und einem, das nur mir selbst dient und diesen Werten widerspricht. Mein Zustand pendelt. In einem Moment erscheint mir das eine System vollkommen logisch, in anderen Momenten das andere. Ich finde einfach keine Balance dazwischen. Sie lassen sich nicht vereinen, zumindest nicht in jeder Situation.


    So sieht es aus.


    Ich bin imstande, dass vorliegende, aktuelle Normengerüst zu erkennen und im Alltag vornehmlich zu befolgen.


    Ich akzeptiere es nicht vollumfänglich als eigenes Wertesystem. Letzteres ist dem allgemeinen in meiner privaten Priorität übergeordnet, auch wenn ich das nicht offen zeige.


    Soll heißen: ich breche Regeln, wenn ich denke, dass ich sie brechen will.

  • Kann man die Balance schlecht halten, weil man selbst stark abweichende Erfahrungen gemacht hat. Ich meine jetzt zB die Erfahrung, dass physische Gewalt in der Herkunftsfamilie als legitimes Mittel galt etwas gegen seine Kinder durchzusetzen. Und/Oder auch im näheren Umfeld von den Eltern Gewalt genutzt wurde um sich durchzusetzen. Gewalt als Lösungsstrategie so to say, die man dann ja zunächst als ganz normal erlebt und erst später feststellt, dass das keineswegs als normal sondern als Tat angesehen wird?

  • @Outlaw
    Verstehen im Sinne von, geht mir auch so werde ich das nicht. Aber mal moralische Wertung beiseite, liege ich grundsätzlich richtig, dass Gewalt um der Gewalt willen dann ein befriedigendes, positives Gefühl für Dich nach sich zieht? Und weißt Du welche Umstände zu der inneren Haltung bei Dir führen?

  • @Outlaw
    Verstehen im Sinne von, geht mir auch so werde ich das nicht. Aber mal moralische Wertung beiseite, liege ich grundsätzlich richtig, dass Gewalt um der Gewalt willen dann ein befriedigendes, positives Gefühl für Dich nach sich zieht?


    Unter diversen Umständen - ja.



    Zitat

    Und weißt Du welche Umstände zu der inneren Haltung bei Dir führen?


    Wie meinst du das?

  • Du schreibst unter diversen Umständen. Ich hab mich gefragt ob der Impuls Gewalt anzuwenden zB immer dann auftritt wenn Dein Gegenüber das Warnsignal: Ist gut jetzt! Lass mal! an Dir übersieht und Du dann bereits das Gefühl hast den anderen physisch "abstellen" zu müssen.

    Ob diesen diversen Umständen ein kleinster gemeinsamer Nenner zu Grunde liegt.

  • Du schreibst unter diversen Umständen. Ich hab mich gefragt ob der Impuls Gewalt anzuwenden zB immer dann auftritt wenn Dein Gegenüber das Warnsignal: Ist gut jetzt! Lass mal! an Dir übersieht und Du dann bereits das Gefühl hast den anderen physisch "abstellen" zu müssen.

    Ob diesen diversen Umständen ein kleinster gemeinsamer Nenner zu Grunde liegt.


    Es gibt zwei vollkommen unterschiedliche Wirkungskreise: einen allgemeinen Angriffs-/Verteidigungswirkungskreis, der dein Beispiel inkludiert und eher "reaktiv" funktioniert.


    Und einen anderen, nicht-reaktiven Bereich, der im Rahmen sadistischen Interesses aus sich selbst heraus funktioniert.

  • Und dieser sadistisch motivierte ist beschränkt auf bestimmte Rollen (Partnerin zB.) in Deinem Leben? Oder ist er an gar kein Geschlecht gebunden?

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