Die aus dem eindeutig selbstverschuldeten Narren etwas macht, das die Perspektive auf ihn ins Wanken bringt. Mir gefällt auf eine morbide Weise diese innere Dynamik des plötzlichen Bewertungskonfliktes
Worauf genau basiert denn der Bewertungskonflikt?
Doch im Grunde nur darauf, dass man denkt: "Ja, okay, die Strafe ist drakonisch, das ist nicht mehr gerecht, sondern total drüber."
Das erweckt zwar Mitgefühl, das man vorher nicht unbedingt hatte, aber dieses Mitgefühl ist losgekoppelt von der Vorgeschichte. Man würde das bei jedem Protagonisten in dieser Situation so empfinden, so wie man es zum Beispiel auch ähnlich empfinden würde, wenn ein selbstzerstörerischer, unsympathischer Ehebrecher als Konsequenz verhaftet, gefoltert und gesteinigt werden würde und das die zweite Hälfte eines Romans ausmachen würde.
Die Charakterentwicklung ist dann quasi nach der Hälfte des Textes abgeschlossen, denn danach kann der Protagonist nur noch passiv auf das drakonische Justizsystem reagieren und vor sich hin leiden. Da sind keine weiteren selbstwirksamen Entscheidungen mehr zu treffen, die noch in irgendeine Richtung führen können oder noch irgendwas zum Anfangsthema des Romans beitragen können.
Und der einzige Effekt, der dann übrig bleibt, ist eben, dass man denkt: "Armes Schwein, das ist keine faire Strafe mehr." Aber das finde ich einfach ein bisschen dünn als Resolution für das Thema, um das es vorher ging.