Wie fandest du sie?
Ich musste die Plots kurz nachlesen, weil das schon fast 30 Jahre her ist, seitdem ich sie gelesen habe.
Ich weiß nicht, wie sie mir stilistisch heute gefallen würden, aber damals mochte ich sie. Und ich glaube, sie haben mich sehr geprägt.
Wir sprachen ja mal darüber, dass ich in dieser Lebensphase ab 14 Jahren viel über die Zeit vor, zwischen und nach den Weltkriegen gelesen habe. Diese Bücher waren Teil davon. Wenn man verstehen will, weshalb die Nationalsozialisten so erfolgreich sein konnten, muss man zuerst verstehen, wie die Menschen damals gelebt haben, was sie durchlebt haben während und nach dem Ersten Weltkrieg und was für Hoffnungen sie hatten.
Das fühlt sich gerade sehr komisch an, weil diese Zeit für mich damals so intensiv war und ich so viel gelesen habe darüber, ich das aber nicht mehr sauber auseinanderzupfen kann, welches Bild sich in meinem Hirn durch welches Werk gezeichnet hatte damals.
"Wolf unter Wölfen" hatte mir noch besser gefallen, meine ich, als "Kleiner Mann - Was nun?", aber nochmal: Das ist sehr lange her. Ich müsste das nochmal lesen, um das seriös beantworten zu können.
Für mich interessant war damals zusätzlich, dass ich viele Orte aus den Büchern kannte bzw. aufsuchen konnte, und zu der Zeit gab es ja auch einen seltsamen Zwischenzustand zwischen zwei Systemen und dem Ende einer ganzen Ära.
Das passte auch gut zu meinem eigenen inneren Wahrnehmen der Welt damals.
Ich überlege, ob ich von ihm demnächst mal "Der Trinker" lesen soll, weil es mich interessiert, was er aus dem Thema gemacht hat.
Ja, das dachte ich gestern beim Durchlesen der Bibliographie gleichfalls.
Erzähl dann mal, falls es dazu kommt.
und mit einem Gestapo-Beamten als Antagonisten arbeitet, der eine Art Sherlock-Holmes-Archetypus darstellt, inklusive aller Qualitäten, die man solchen Charakteren zuschreibt: Scharfsinn, Kombinationsgabe, Intelligenz, Ehrgeiz, Manipulationsfähigkeit – das alles nur moralisch ins Gegenteil verdreht und in Verbindung mit Protagonisten, die gelernt haben, clever zu sein und zu täuschen, weil ihr Leben davon abhängt.
Das macht die Geschichte interessant, ohne dass der Text zu leicht und zu locker wirkt, und ich liebe die Art, wie diese Ermittlungsgeschichte mit diesem Charakter zu einem Ende gebracht wird.
Das spricht mich "so aus der Ferne" gleichfalls an. Ich mag es nicht, wenn Charaktere "verzerrt" gezeichnet werden, nur um deren moralische VerkommenheitVerdrehtheit zu unterstreichen. Das kann mir ganze Plots verderben, weil es einen so merkwürdig entmündigt. Als würde man es innerlich nicht sortiert bekommen, dass jemand gewissermaßen "professionell und 'gut'" ist, während er zwischenmenschlich komplett versagt. Dabei ist es unter anderem genau diese Harte Konturierung, die eine Geschichte interessant macht und ihr Tiefgang sowie Realitätsnähe verleiht.
Ich glaube, Fallada war ein hervorragender Beobachter. Er sah diese Dinge, und das hier:
ZitatIrgendwas daran, wie das alles beschrieben war, hat einen Nachhall in mir hinterlassen, dieses unüberwindbare Festhalten an den letzten Momenten, die sogar seinen Willen aushebeln, diesen kleinen Triumph der Selbstbestimmung zu erleben, weil der Wert dieser letzten paar Sekunden plötzlich zu hoch geworden ist und er sie nicht mehr opfern kann.
kann ja menschlicher kaum sein.
Es wäre nicht die Kapsel, mit der ich einem Außerirdischen die Menschen erklären würde. Es wären die tastenden, fühlenden Finger und der bis zum Ende entdeckende forschende Geist.