Guten Abend zusammen,
ich bin 24 Jahre alt und wohne noch bei meinen Eltern. Ich habe zu beiden ein sehr schlechtes Verhältnis. Mein Vater ist ein fürchterlicher Choleriker (ich habe noch andere psychische Krankheiten im Verdacht), der bei normalen Kleinigkeiten rumschreit und mich beleidigt und mir nie Zuneigung gezeigt hat, im Gegenteil, ich bin eigentlich an absolut allem Schlechten was ihm widerfährt, Schuld. Meine Mutter ist der ängstliche Typ, zeigt eigentlich viel Zuneigung, hält mich aber nicht für alt genug um allein zur Arbeit zu fahren oder mich nach Einbruch der Dunkelheit draußen aufzuhalten.
Seit ich ca. 12 Jahre alt war, wollte ich von zuhause ausziehen. Als Kind hat man natürlich nicht so viele Möglichkeiten, deswegen habe ich tapfer bis 18 durchgehalten. In der Zeit hatte ich viele heftige depressive Episoden und regelmäßig Suizidgedanken.
Als ich 18 wurde, hat sich herausgestellt, dass Ausziehen doch schwieriger ist als gedacht. Ich wollte mit 16 anfangen zu arbeiten und Geld für eine Wohnung sparen, das haben meine Eltern allerdings verboten, und deswegen war ich nach meinem Schulabschluss pleite. Ich habe dann eine Ausbildung begonnen und so etwas Geld verdient, aber die Wohnungssuche war extrem schwierig. Es gab fast immer einen Haken - zu weit weg von meinem Arbeitsort, Schimmel, unfreundlicher Vermieter, schreckliche Lage, laute Nachbarn, gruselige Mitbewohner. Ich habe dann entschieden, doch zuhause zu bleiben (die günstigste Wohnung war eine WG Zimmer für 500€ warm und ich habe während der Ausbildung 800€ netto verdient).
Etwa in dem Zeitraum habe ich eine Therapie begonnen, die extrem geholfen hat. Im Gegensatz zu meinen Freunden, die Ausziehen als die einzige Lösung gesehen haben, und meine verschiedenen Ängste (zu denen ich noch komme) überhaupt nicht ernst nahmen, habe ich durch die Therapie eben gelernt, mit der Situation besser umzugehen und Kontrolle über mein Leben zurückzugewinnen, auch wenn die Wohnsituation alles andere als optimal war. Meine Eltern haben mir zwischendrin auch wieder mehr erlaubt und ich habe dann beschlossen, erst auszuziehen, wenn ich eine gewisse Summe angespart habe und sicher sein kann, dass ein Kontaktabbruch zu meinen Eltern klappt.
Nun ist es so, dass es letztes Jahr einen Vorfall gab, wo ich einen sehr heftigen Streit mit meinen Eltern hatte - es ging wieder einmal darum, dass ich zu oft allein draußen unterwegs bin und Entscheidungen ohne meine Eltern treffe. Allerdings habe ich gemerkt, dass ich mittlerweile extreme Angst vorm Ausziehen habe. Durch die vielen eher blöd verlaufenen Wohnungsbesichtigungen und eine ganze Reihe Horrorgeschichte meiner allein lebenden Freunde, traue ich mich einfach nicht auf eigenen Beinen zu stehen. Besonders, weil ich es praktisch allein durchziehen müsste. Meine Eltern sind eher altmodisch und haben regelmäßig deutlich gemacht, dass sie vom Ausziehen nichts halten und dass "die Jugend heutzutage ihre Eltern immer im Stich lassen will". Ich dürfe mir erst was eigenes suchen, wenn ich mit meinem zukünftigen Ehemann zusammenziehen will. Da ich gar nicht vorhabe zu heiraten, und mir auch keinen Partner suchen will, nur um aus der Situation rauszukommen, ist das natürlich keine echte Option für mich. Das bedeutet aber auch, dass ich, wenn ich ausziehe, auf mich allein gestellt wäre. Ich habe nicht viele Freunde, die die ich habe wohnen ein ganzes Stück weg von mir und sind meistens führerscheinlos.
Natürlich wäre es auch möglich, allein umzuziehen, mit einem Umzugsunternehmen zum Beispiel, aber das macht mir alles trotzdem schreckliche Angst. Es ist so schwer, etwas annehmbares zu finden, und auch jetzt wo ich besser verdiene, wäre etwa 1/2 meines Gehalts dann weg, und am Ende habe ich irgendeine fürchterliche Bruchbude und muss schon wieder von vorne anfangen mit der Wohnungssuche. Zurück zu meinen Eltern könnte ich ja nicht. Mein Therapeut ist der Meinung, es ist okay abzuwarten, bis ich mich sicherer fühle mit der Entscheidung, aber meine Freunde sind der Meinung, ich muss jetzt sofort ausziehen. Und ich will einfach nur in Ruhe leben, ohne dass ich mich mit meinen Nachbarn oder überteuerter Miete rumärgern muss, aber auch ohne grundlos angeschrien zu werden.
Aktuell hatte ich mehrere Wochen lang ein akzeptables Verhältnis zu meinen Eltern, da ich 40h arbeite gibt es auch weniger Gelegenheiten, dass wir uns auf die Nerven gehen, aber da ich seit ein paar Wochen wieder eine depressive Episode habe (aus einem anderen Grund), regt mich absolut alles was sie machen auf und ich bin so frustriert, dass ich ständig weinen muss. ich fühle mich absolut nicht emotional stabil genug, jetzt einen eigenen Haushalt zu starten, aber es ist der einzige Ausweg. Ich denke ein WG Leben ist eigentlich nichts für mich, auch wenn das Geld sparen würde, und meine Freunde wohnen wirklich zu weit weg, dass ich jetzt alles hier aufgebe, um es mit ihnen WG-mäßig zu probieren.