Es gibt Menschen, die sich besonders gut Gesichter merken können, sie werden Super-Recognizer genannt.
Ein kurzer Blick auf ein Foto, schon sind Super-Recognizer in der Lage, das fremde Gesicht wiederzuerkennen – auch aus einer anderen Perspektive und mit einem anderen Gesichtsausdruck. Warum sie das können, ist weitgehend ungeklärt. Der Versuch, die Kompetenz zu trainieren, brachte bislang wenig Erfolg. Ein Team um den Psychologen James Dunn von der University of New South Wales in Sydney (Australien) hat die Frage nun genauer untersucht. Wie die Forscher in »Psychological Science« schildern, zeigten sich Unterschiede vor allem beim Einprägen des Bildes und weniger beim Wiedererkennen.
[...]Und noch weitere Besonderheiten stellten sie fest: Die Super-Recognizer konzentrierten sich weniger auf die Augenregion als die übrigen Versuchspersonen, sondern verteilten ihre Blicke weiter über das ganze Gesicht. Dabei fixierten sie auch häufiger einzelne Regionen, ließen den Blick also kurz an einer Stelle ruhen. Das lege nahe, dass sie die Informationen schneller aufnehmen und dadurch auch mehr Informationen verarbeiten könnten, vermuten die Forscher mit Verweis auf ähnliche Beobachtungen in anderen Studien.
Super-Recognizer und Gesichtsblinde haben etwas gemeinsam
Aber handelte es sich dabei um eine besondere Form der Wahrnehmung, die nur die Super-Recognizer beherrschen? Oder machen das auch andere – nur weniger?
Um das herauszufinden, verfolgte die Forschungsgruppe die Blicke von weiteren 42 Personen mit einem breiten Spektrum von mehr oder weniger Talent im Gesichtererkennen. Die Beobachtungen ließen nicht auf eine qualitativ andere Strategie der Super-Recognizer schließen, berichten sie. Im Gegenteil: Sie fanden am anderen Ende des Spektrums sogar ebenfalls eine Tendenz dazu, sich weniger auf die Augen zu konzentrieren. Eine Studie aus dem Vorjahr hatte bereits gezeigt: Auch Menschen mit Prosopagnosie (Gesichtsblindheit), die sich mit der Gesichtserkennung besonders schwertun, blicken weniger auf die Augenpartie. Daraus schließen Dunn und seine Kollegen, dass die zusätzliche Information aus anderen Gesichtspartien sowohl Probleme kompensieren als auch zu besonderen Fähigkeiten verhelfen kann.